Wettbewerb Parkway Heidelberg – 1. Preis

Auf der Konversionsfläche des Patrick-Henry-Village entwickelt die Stadt Heidelberg das Leuchtturmprojekt der „Wissensstadt von Morgen“ – einen neuen Stadtteil mit einem Flächenpotential von rund 100 ha. Der im Kontext dieses Stadtentwicklungsprojekts veranstaltete freiraum- und verkehrsplanerische Wettbewerb für den neuen Parkway hatte die Konkretisierung und Weiterentwicklung des durch den Heidelberger Gemeinderat beschlossenen Dynamischen Masterplans zum Gegenstand.

Unser in Zusammenarbeit mit der Planergruppe Oberhausen und Cityförster architecture+urbanism entwickeltes Konzept wurde mit dem 1. Platz gekürt.

Dabei bestand das Ziel in der Erarbeitung eines Konzepts für die Flächenaufteilung, die Raumgestaltung sowie die Oberflächen- und Grünflächengestaltung des Parkways, der sich in dem 11,8 ha großen Plangebiets befindet. Der konzeptionelle Fokus galt im Zuge dessen insbesondere der Integration und Verknüpfung der örtlichen Grünstrukturen mit den Straßenräumen. Demnach fungiert der Parkway als ein verbindendes Element, dessen angrenzende Freiräume als multifunktionale Aufenthaltsorte konzeptualisiert sind. „Denkt zuerst an die Menschen, dann an Verkehrswege. Eine gute Stadt ist wie eine gute Party. Die Leute bleiben dort länger als nötig, weil sie sich wohlfühlen.“ Dieses Zitat des dänischen Stadtplaners Jan Gehl fasst unser Planungsverständnis für den Parkway gut zusammen. Der Parkway ist kein singulärer Raum, der lediglich Verkehrsfunktionen abbildet, sondern auch ein Ort, der feinteilig vernetzt, Gebäude- und Freiraumnutzungen vielfältig in Beziehung setzt und aktiv die Klimaresilienz unterstützt. Entstehen soll ein grüner und vielfältiger Raum, der die Gegensätze MOBILITÄT und VERWEILEN immer wieder neu miteinander verknüpft. Demnach übernimmt der Parkway die Funktion eines linearen und trotzdem flexiblen Straßenraum mit hoher Freiraum-, Begegnungs- und Aufenthaltsqualität, dient als innerer und äußerer Verteiler für das Patrick-Henry-Village und stellt für die alle urbanen Mobilitätsarten einen sicheren Rahmen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Entwurf interpretiert gekonnt die Idee des Parkways aus dem Masterplan. Der offene Stadtraum des PHV wird durch die freie Gestaltung in vielstimmiger Art und Weise in Wert gesetzt. Es entstehen, mit Hilfe der 5 Steps auf Basis klarer Kompositionsregeln, differenzierte Räume, die den mannigfaltigen Ansprüchen der Stadtgesellschaft gerecht werden und vielfältige Nutzungsangebote und Atmosphären schaffen. Die unterschiedlichen baulichen Ränder werden dabei durch eine sensible Freiraumgestaltung reflektiert.

Die Verfasser machen einen Vorschlag für die städtebauliche Weiterentwicklung des zentralen Markthallenbereichs außerhalb des eigentlichen Wettbewerbsgebiets, den das Preisgericht zur Kenntnis genommen, aber nicht bewertet hat.

Die Arbeit liefert einen innovativen Beitrag im Sinne einer zukunftsfähigen neuen Aufteilung der öffentlichen Verkehrsinfrastruktur, indem sie Flächen überlagernd nutzt und auf das klassische Separieren der Verkehrswege bewusst verzichtet. In der Breite großzügige, auf den Städtebau eingehende Gehbereiche, schaffen eine vielfältig nutzbare Flanierzone entlang der Gebäude.

Prägendes Element ist die Fahrradstraße, die mit 2 Spuren mit 3,25m Breite, leitender Raum des Parkways ist. Die beiden Fahrtrichtungen werden dabei überwiegend nicht parallel zueinander geführt und können mit einer selbstverständlich wirkenden Abfolge von unterschiedlich breiten, geschwungenen Aufweitungen sehr flexibel auf vorhandene Grünstrukturen und den Städtebau reagieren. Die Fahrradstraße nimmt dabei die unterschiedlichen Formen des „modernen Radverkehrs“, den auch in einem „autoarmen Quartier“ immer noch erforderlichen motorisierten Kraftfahrzeugverkehr sowie den notwendigen Wirtschaftsverkehr auf. Überall dort, wo die beiden Richtungsfahrbahnen parallel und dicht beieinander geführt werden, bieten Zwischenstreifen als weiche Separationen im Bedarfsfall auch die Möglichkeit für Kraftfahrzeuge Radfahrende zu überholen. Das verträgliche Miteinander der verschiedenen Verkehrsarten ist hier gut vorstellbar.

Entlang der Fahrradstraße ist sowohl in der Mitte zwischen den Fahrtrichtungen als auch seitlich angelagert, ausreichend Raum für die Abwicklung von Ladezonen, Kiss&Ride, Parken für mobilitätseingeschränkte Personen und sonstige Berechtigte. Diese Flächen haben das Potential jeweils bedarfsgerecht ausgewiesen und innovativ und digital bewirtschaftet zu werden.

Für die Straßenbahn und den Busverkehr wird eine gemeinsame, selbstständig geführte Trasse vorgeschlagen. Die geforderten unterschiedlichen Typen von Mobilitätsstationen sind richtig platziert und bieten Raum für eine bedarfsgerechte Anpassung.

Die Hauptradverkehrsführung wird ergänzt durch ein zusätzliches Netz an Wegen die sich als „Fun-Trails“ für Fuß- und langsamen Radverkehr durch das Stadtquartier ziehen und dieses flexibel erschließen.

Das Konzept bringt auf innovative Art und Weise verkehrliche Anforderungen und die Qualitäten eines lebendigen Stadtraums zusammen. Der Entwurf interpretiert die verschiedenen Verkehrstrassen als schwingende Bänder innerhalb eines als Aktions-und Bewegungsraum nutzbaren linearen Parks. Durch die Mehrfachnutzung und Begrünung der Verkehrstrassen werden die befestigten Flächen auf ein Minimum reduziert und stehen als vielfältige Potentialräume für Spiel, Sport und Bewegung sowie für das Regenwassermanagement zur Verfügung.

Die mäandrierende Struktur ermöglicht es, auf den Bestand flexibel zu reagieren. So ist es möglich, prägende Bäume und eine maximale Anzahl an vorhandenen Baumstandorten in das Konzept zu integrieren. Neupflanzungen werden in lockeren Gruppen angeordnet und erlauben eine artenreiche Pflanzenwahl. Durch die freischwingende Bandstruktur entstehen attraktive Grüninseln und ein eigenständiges landschaftliches, mit Stauden und Gräserpflanzungen angereichertes Grün- und Freiraumkonzept, das im wohltuenden Kontrast zur jetzigen Nüchternheit des heutigen Kasernenstandortes steht.

Im Querschnitt wird der Parkway zur mehrschichtigen Membran zwischen den kommerziellen Nutzungen der dichteren Randzonen und dem weniger baulich verdichtet geplanten grünen Herz des Quartiers im Inneren des Parkways.

Eine großzügige bis zu 8 m breite Flanierzone stellt den Übergang und die Vorzone der den Parkway begleitenden äußeren, kommerziell geprägten Randzone dar. Sie verspricht eine gute Erreichbarkeit der Geschäfte und Gebäude und hohe Bewegungs- und Verweilqualitäten für den Fußgängerverkehr. Baumüberstandene und gut dimensionierte Plätze werden sinnfällig an den städtischen Kristallisationspunkten angeordnet.

An der Innenseite des Parkways werden Flächen für eine Vielzahl an Spiel, Sport und Bewegungsangeboten angeordnet. Sie sind geschickt in die landschaftliche Gestaltung eingebettet und bilden ein hohes Flächenpotential für Freizeitangebote im Freien für die Zukunft, auch wenn in den ersten Entwicklungsschritten das gezeigte Angebot etwas überdimensioniert wirkt.

Das Konzept überzeugt durch sein Zusammenspiel und der feingliedrigen Vernetzung zwischen Städtebau, den angrenzenden Grünräumen und dem multifunktionalen Parkway, der verspricht nicht nur seinen Aufgaben als Verkehrsraum gerecht zu werden, sondern auch als innerstädtischer Begegnungsraum mit hohen ökologischen Qualitäten fungieren kann.

Insgesamt erfüllt der Entwurf in hervorragender Art und Weise die gestellten Anforderungen an einen Stadtraum neuen Typs in Zeiten der Mobilitätswende. Die besonderen stadträumlichen Potenziale des Parkway im PHV werden anschaulich herausgearbeitet und geben dem Quartier einen identitätsstiftenden und zukunftsweisenden Charakter.

Projekt

Wettbewerb für flexible Straßenräume für alle Nutzenden

Ort

Heidelberg

Größe

11,8 ha

Bearbeitungszeit

2022

Auftraggeberin

Stadt Heidelberg

Kooperation

Planergruppe Oberhausen, City Förster

© Visualisierung

ViSuPlan 3D

Category

Wettbewerbe

Tags

Erschließung, Fahrradparken, Logistik, Mobility Hub, Neubau, Öffentlicher Raum, Städtebau, Stellplatzkonzept, Zufahrtsregelung